Niederländische Antillen

Niederländische Antillen
Niederländische Antịllen,
 
niederländisch De Nederlandse Antịllen [-lə], autonomer Teil der Niederlande im Bereich der Westindischen Inseln, 800 km2, (2000) 210 000 Einwohner; Hauptstadt ist Willemstad (auf Curaçao). Vor der venezolanischen Küste liegen (zwischen 12º 03' und 12º 38' nördliche Breite sowie 68º 45' und 70º 04' westliche Länge) die Inseln Curaçao (einschließlich Klein Curaçao 444 km2, 151 400 Einwohner) und Bonaire (einschließlich Klein Bonaire 288 km2, 14 200 Einwohner), die zu den Inseln unter dem Winde (Kleine Antillen) gehören. Etwa 880 km entfernt (zwischen 17º 29' und 18º 05' nördliche Breite sowie 63º 05' und 63º 14' westliche Länge) befinden sich die Inseln Sint Maarten (niederländischer Südteil: 34 km2, 38 600 Ew; der Nordteil, Saint-Martin, ist Teil des französischen Übersee-Départements Guadeloupe), Sint Eustatius (21 km2, 1 900 Einwohner) und Saba (13 km2, 1 200 Einwohner), die zu den Inseln über dem Winde (Kleine Antillen) zählen. Einen Sonderstatus besitzt die Insel Aruba.
 
Landesnatur:
 
Die Inseln unter dem Wind sind niedrig (Curaçao bis 375 m über dem Meeresspiegel) und bestehen aus Kalken, die untermeerischen Basalten und Vulkangesteinen aufliegen. Während ihre Nordküsten stark zerklüftet sind, haben die Südküsten ausgeglichene Sandstrände. Die Inseln über dem Winde sind gebirgig (Saba bis 884 m über dem Meeresspiegel) und überwiegend vulkanischen Ursprungs; nur Sint Maarten besteht aus Kalken und wird von Sandstränden umgeben. - Das unter dem Einfluss des Passats stehende tropische Klima weist Jahresniederschläge von 400-550 mm auf den Inseln unter dem Winde (Wasserversorgung durch Meerwasserentsalzungsanlagen) und 1 000-1 100 mm auf den Inseln über dem Winde (mit starken Abweichungen je nach Luv- oder Leelage) auf; die Temperaturen schwanken zwischen etwa 22 und 30 ºC. - Auf den Inseln unter dem Winde herrscht Dornstrauch- und Sukkulentensavanne vor. Die vielfach zerstörte natürliche Vegetation der Inseln über dem Winde reicht vom tropischen Regenwald bis zur Dornstrauchsavanne.
 
 
Der weitaus größte Teil der Bevölkerung lebt auf den Inseln unter dem Winde. Die vorherrschenden Schwarzen und Mulatten sind Nachkommen der seit dem 17. Jahrhundert für die Plantagenwirtschaft eingeführten afrikanischen Sklaven. Die Weißen sind hauptsächlich Niederländer. Die Inseln über dem Winde zeigen Abwanderungstendenzen, außer Sint Maarten, wo aufgrund der Entwicklung des Fremdenverkehrs Bewohner des französischen Teils der Insel zugewandert sind. Rd. ein Drittel der Gesamtbevölkerung lebt in der größten Siedlung, Willemstad, auf Curaçao; die Hauptorte der übrigen Inseln sind sehr klein: Kralendijk (Bonaire), Philipsburg (Sint Maarten), Oranjestad (Sint Eustatius) und The Bottom (Saba). - Amtssprache ist Niederländisch, Umgangssprache auch Spanisch, Englisch und Papiamento. Rd. 70 % der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an, die Bevölkerung von Sint Maarten und Sint Eustatius ist überwiegend protestantisch.
 
 
Die Wirtschaft basiert v. a. auf der Verarbeitung von Erdöl, dem Tourismus und dem internationalen Bankengeschäft. Die 1916 gegründete Erdölraffinerie auf Curaçao ist bis zum Jahre 2012 an eine venezolanische staatliche Gesellschaft verpachtet. 1994 machten Erdölprodukte 59 % aller Im- und Exporte von Curaçao und Bonaire aus. Auf beiden Inseln wird auch Meersalz gewonnen. Die wichtigsten Industriebetriebe sind auf Curaçao (Werft, Textil-, Farbenfabrik, zwei Zigarettenfabriken, Brauerei) und auf Bonaire (Textilfabrik, Salzgewinnungsanlage); auf Sint Maarten Rumfabrik und Fischerei. Die Landwirtschaft hat nur geringen Umfang, fast alle Nahrungsmittel müssen importiert werden. Die Niederländischen Antillen sind, v. a. auf Curaçao und Sint Maarten, ein wichtiges Offshore-Finanzzentrum mit mehr als 30 000 registrierten internationalen Firmen. Auch der Fremdenverkehr spielt eine wesentliche Rolle (1994 kamen allein nach Sint Maarten, Curaçao und Bonaire 827 000 ausländische Touristen sowie 864 000 Passagiere von Kreuzfahrtschiffen). Der Hafen von Willemstad gehört zu den bedeutendsten Freihäfen der Erde. Zollfreier Einkauf ist auf Sint Maarten möglich. Internationale Flughäfen gibt es auf Curaçao, Bonaire und Sint Maarten, auf Sint Eustatius und Saba Flugplätze für den Verkehr zwischen den Inseln.
 
 
Die Inseln wurden Ende des 15. Jahrhunderts von Spaniern entdeckt. Die Kolonisation begann erst später, auf den Inseln über dem Winde erst im 17. Jahrhundert Die spanische Hegemonie in diesem Gebiet wurde von Engländern, Franzosen und Niederländern bedroht. Die unmittelbar nach dem Ende des zwölfjährigen Waffenstillstandes mit Spanien (1621) gegründete niederländische Westindische Kompanie besetzte auf der Suche nach Stützpunkten im Kaperkrieg gegen Spanien einige der Inseln, so 1634 Curaçao, Aruba und Bonaire. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts blühten Handel und Schifffahrt. 1807-16 waren die Inseln unter dem Winde, 1810-16 die Inseln über dem Winde britisch besetzt. Neuer wirtschaftlicher Aufschwung stellte sich erst mit dem Bau von Raffinerien für venezolanisches Erdöl in den 1920er-Jahren ein.
 
1954 erhielten die Niederländischen Antillen (einschließlich Aruba) den Status einer Föderation mit vollständiger innerer Selbstverwaltung; für die Außenbeziehungen entsenden die Inseln seitdem einen stimmberechtigten Minister nach Den Haag. Die Vertretung des Staatsoberhauptes, der niederländischen Königin, erfolgt durch einen von ihr ernannten Gouverneur, dem ein beratendes Gremium zur Seite steht. Der Gouverneur und die vom Parlament (seit 1985 22 Mitglieder: 14 von Curaçao, drei von Bonaire, drei von Sint Maarten, je einer von Saba und Sint Eustatius) gewählten Minister wählen einen Premierminister. Daneben bestehen auf den Inseln jeweils eigene Volksvertretungen. Die Entlassung Surinams in die Unabhängigkeit (1975) begünstigte die Loslösung Arubas von den Niederländischen Antillen (1986). Versuche der niederländischen Regierung, den Status auch der anderen Inseln zu ändern, wurden von der Bevölkerung abgelehnt (Referenden 1993 und 1994).
 
 
H. Blume: Die Westind. Inseln (21973);
 C. C. Goslinga: A short history of the Netherlands Antilles and Surinam (Den Haag 1979);
 J. Hartog: De Nederlandse Antillen en de Verenigde Staten van Amerika (Zutphen 1983);
 G. Heck: N. A. (1995);
 J. Derkx: Netherlands Antilles and Aruba. A bibliography 1980-95 (Leiden 1996).

Universal-Lexikon. 2012.

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